Bei den Fahrzeugvorstellungen auf X308.NET sind im Laufe der Jahre bereits viele verschiedene Modelle zusammengekommen. Noch nie war allerdings ein Jaguar X350 dabei – immerhin der direkte Nachfolger des X308! Das ändert sich jetzt: Ich freue mich sehr über den Beitrag meines Lesers Arndt, der mit seinem vierten klassischen Jaguar beim X350 angekommen ist. Genauer handelt es sich um einen X358, die Version nach der großen Modellpflege im Herbst 2006 also. Noch dazu ist es ein besonders schönes Exemplar, ein silberner XJ8 Sovereign mit langem Radstand mit einer ganz besonderen Geschichte.
Für alles weitere gebe ich das Wort hiermit gerne an Arndt, dem ich für seine interessante Fahrzeugvorstellung sehr dankbar bin:
„Eine Vorstellung mit einer Entschuldigung zu beginnen, ist insbesondere dann nicht sinnvoll, wenn es gar keiner Entschuldigung bedarf. Aber ich wurde tatsächlich schon früh auf das Thema Auto sozialisiert und bin somit für meine Handlungen nicht oder nur teilweise verantwortlich. (So erzähle ich das zumindest meiner Frau, wenn ich mal wieder ein Auto gekauft habe.)
Im Jahre 1974 kam ein Mitglied im Tennisclub meiner Eltern regelmäßig mit seinem braunen Jaguar XJ12 der Serie 2 zum Training. Ich, gerade 6 Jahre alt, drückte mir regelmäßig meine Nase an der Seitenscheibe der braunen Schönheit platt. Versuche, meinen Vater zum Kauf eines solchen Autos zu bewegen, schlugen fehl. Als ich wenige Jahre später dann erstmals mit einem XJ der Serie 3, gesteuert vom Vater eines Schulkameraden, mitfahren (und sogar im Oatmeal-Leder schwelgend das Autotelefon benutzen durfte), war klar, wohin die Reise gehen würde.
Nicht allzu lange nach dem Abschluss meines Studiums, mit 27, kaufte ich bei Auto Becker in Düsseldorf endlich meinen ersten Jaguar: Ein 12 Jahre alter Jaguar XJ12 H.E. Baujahr 1983 in Cobalt Blue!
Wenn mein Vater so ein Auto nicht kaufen wollte, musste ich es eben selbst machen! Da ich seinerzeit einen Daily Driver aus deutscher Produktion hatte, hielt sich die Kilometerleistung mit diesem Wagen in Grenzen, was mich aus heutiger Sicht (British Leyland lässt grüßen) wohl vor einem finanziellen Desaster zu Anfang meines Berufslebens bewahrte.
In Ermangelung solcher Negativerlebnisse folgten einige Jahre später ein Daimler Double Six Serie III aus 1991 in Jet Black sowie ein 1996er XJ6 3.2 X300 in british racing green.
Den X308 und den X350 habe ich bislang übersprungen, und so kann ich heute von meinem X358 berichten: Im Juni 2009 wurde er im sonnigen Tessin vom Schweizer Jaguar-Händler Tarcisio Pasta am Lago Maggiore an seinen ersten Besitzer ausgeliefert. Dieser, ein Fabrikant für Lkw-Kühlaufbauten aus Italien, bestellte ihn zwecks Stationierung an seinem Tessiner Ferienhaus als XJ8 4.2 Sovereign LWB in Liquid Silver / Warm Charcoal und fand Gefallen an den meisten Extras, die sich in der Aufpreisliste finden ließen.
Dem aufmerksamen Leser wird das Datum der Erstzulassung nicht entgangen sein, denn der letzte Wagen der Baureihe X358 verließ ja bereits am 31.03.2009 die Werkshallen in Castle Bromwich. Es handelt sich also, auch nachvollziehbar an der Fahrgestellnummer, um eines der allerletzten Exemplare der Baureihe! Und, mit Verlaub, auch um einen der letzten XJ, auf die das vom Firmengründer geprägte Motto „Grace, Space and Pace“ noch zutrifft. Denn zumindest die Grazie möchte ich seinem Nachfolger (Modell X351) nicht kampflos zusprechen. (Oder, um mit meinem ältesten Sohn zu sprechen: „Papa, da hat sich jemand einen Jaguar auf seinen Japaner geklebt!“)
Aber zurück zu meinem X358. Nicht allzu lange nach der Auslieferung des Wagens verstarb der Erstbesitzer leider. Seine Witwe löste den Wohnsitz in der Schweiz auf und nahm den Wagen noch einige Monate mit nach Padua.
Da die Länge des Wagens offenbar mit den innerstädtischen Straßenverhältnissen Paduas inkompatibel war, gelangte die Katze dann zu seinem zweiten Eigentümer, einem Belgier, der über eine Yacht mit Liegeplatz in Monaco und ein Ferienhaus an der Cote d’Azur verfügte.
Abermals war dem Wagen ein Alltagsbetrieb nicht vergönnt, so dass er heute, fast 13 Jahre später, nur rund 70.000 km auf dem Zähler hat und quasi wie neu dasteht, auch wenn ihm zugegeben das schicke monegassische Kennzeichen „918 N“ etwas besser gestanden hat als der heutige „halbe Meter“ mit dem blauen EU-Abschnitt.
Man ahnt es schon: Auch ich bewege die Katze, nachdem ich sie in Belgien mit einem kompletten Satz von Ordnern, in denen jede noch so kleine Aktivität bis hin zum Kauf neuer Reifen dokumentiert ist, gekauft habe, nur bei schönem Wetter und niemals im Alltag. Auch wenn die Aluminiumkarosse sicherlich auch einmal einen Tropfen Regen vertragen könnte…
Bei den Autos in meiner kleinen Sammlung bin ich ein großer Freund von Originalität und so befasse ich mich zur Belustigung meiner Frau immer wieder mit der hochexistenziellen Frage, ob ich die Metallplakette vom „Yacht Club de Monaco“ auf dem Kofferraumdeckel ebenso wie die auf den hinteren Scheiben von der Jaguar Niederlassung in Nizza (aus damaliger Sicht aus gutem Grunde) angebrachten Sonnenschutzfolie entfernen und den Wagen so wieder in den Zustand seiner Auslieferung versetzen soll, oder eben nicht. Immer, wenn ich den Schraubenzieher in der Hand halte, kommt mir in den Sinn, dass auch das ein Teil der Fahrzeuggeschichte ist, die man vielleicht nicht leichtfertig wegschrauben sollte. Wie man sieht, bin ich mit dieser Frage noch nicht ganz durch. Immerhin könnte ich mit wenig Aufwand, wenn ich wollte.
Ich freue mich bei jeder Fahrt darüber, den aus meiner Sicht letzten klassischen XJ in der Geschichte des Unternehmens besitzen zu dürfen, dessen Lancierung mit dem X350 lange vor der Übernahme durch den Tata-Konzern begann. Und trotz aller technischen Unterschiede zum X308 wie Luftfederung und Aluminiumkarosse hat der X350/X358 im Kern den gleichen V8 und sogar den gleichen „Vater“ in der Entwicklung: Geoff Lawson, der als Chefdesigner den Jaguar-Modellen von 1984 bis zu seinem zu frühen Tode 1999 seinen Anstrich gab und der sowohl für X300, X308 als auch für den X350 verantwortlich zeichnete!“
–Diesem faszinierenden Beitrag von Arndt ist aus meiner Sicht nichts mehr hinzuzufügen außer einem großen Dankeschön! 🙂
Hallo,
ein sehr schöner Bericht von Michael. Etwas neidisch bin ich aber doch. Ich habe meinen ersten XJ8 zwar auch bei Auto Becker gekauft. Mein mittlerweile vierter Jag, ein XJ8 4,2ltr., hat nach fast zwanzig Jahren auch erst nur 62.000 km drauf. Aber ein Emblem vom MJC, das ist das geilste. Ich habs bisher nur bis zu einem Pferdeemblem geschafft. Lass es schön drauf Michael. Es ist ein Teil des Lebenslaufes. Und noch viel Freude mit diesem tollen Auto.