Als ich vor einigen Monaten ein Foto aus der Garage von Markus aus Oberösterreich zu sehen bekam, war ich spontan begeistert: Da parkt ein Jaguar XJR neben einem BMW E38. Beide Jahrgang 2000. Beide silbern. Das kommt einem perfekten Youngtimer-Duo für meine Begriffe schon recht nahe…
Umso mehr freue ich mich, dass Markus angeboten hat, seine beiden Limousinen in einem Gastbeitrag vorzustellen. Ich gebe das Wort also hiermit gerne weiter an Markus 🙂
>Im Jahr 2006 hatte ich das Glück, mit kaum 20 Jahren in einem XJR X308 mitfahren zu dürfen. Ein umwerfendes Auto in genauso umwerfender Farbkombi. Schwarzes Leder (Warm Charcoal), gehüllt in ein anthrazitfarbenes Blechkleid. Dazu Applikationen aus Walnuss-Wurzelholz, die bei passendem Lichteinfall fast grünlich schimmerten.
„Gorgeous“ nannten zeitgenössische Werber den Kompressor-aufgeladenen Achtender. „Bonkers fast“ war Jeremy Top Gear Clarksons schweißgebadetes Resümee nach einer Sprint-Meile, die Aston Martin DB7, Porsche Boxster und den Mercedes SLK chancenlos in den Rückspiegel zwang!
Sie hatten beide recht. Damals noch auf der Rückbank sitzend, durfte ich mich selbst vom perfekten Zusammenspiel aus Triebwerk, Getriebe und leidgeprüften 255er-Pneus überzeugen. Am „Runway“ des Hangar-7 am Salzburg Airport trat unser Fahrer das Pedal von 0 auf Anschlag durch. Die Raubkatze begeisterte und tut es noch heute. Nachhaltigkeit nach meinem Geschmack!
Schon damals war mir klar, dass dieses seltene Getier nur in meiner Garage artgerecht zu halten wäre. Und zwar nicht irgendein, dann „neuer Jaguar“, sondern genau der XJR X308 als ewiger Höhepunkt angelsächsischen Automobilbaus (mal abgesehen von irgendwelchen Exoten).
Er ist eines dieser Fahrzeuge, wie es nur ganz wenige gibt. Eine Ikone, ein Kunstwerk auf vier Rädern. Vergleiche zu ziehen fällt schwer, das Auge des Betrachters entscheidet. Wie so oft. Hat man jedoch die Banalität, trocken und klimatisiert eine Strecke von A nach B zurückzulegen, einmal überwunden, ist die Chance hoch, sich in dieses Auto zu verlieben. Auf eine ganz eigene Art.
In meiner Garage hat das Kätzchen seinen kuscheligen Platz neben dem Nobel-Bayern namens BMW Siebener E38 schnell behauptet. Jetzt stehen da zwei Fahrzeuge, die unterschiedlicher kaum sein könnten, obwohl sie auf den ersten Blick vieles verbindet.
Anfang der 0-er Jahre waren beide die Aushängeschilder ihrer Marken. Die Spitze menschlicher Fortbewegungskunst! (Wieder abgesehen von irgendwelchen Exoten. Man will ja niemandem auf den Slips treten.) Ganz oben der XJR. Mein 7er als 730d mit 3.0-Diesel etwas weiter unten, aber in Greifweite zum 750iL, dem V12 Pendant des Jag. Beide also Baujahr 2000. Oberklasse. Limousinen. Silbergrau. Motor vorne, Kraft-Asphalt-Kopplung hinten. So, wie es sich gehört. Aber damit schon genug.
Denn während der Bayer bis heute im Alltag als nützlicher und treuer Begleiter auftritt, dessen Zuschnitt an allen Ecken und Enden fast erschreckend ökonomisch ist, erschreckt der Jag vor allem durch alltägliche Nutzlosigkeit. Beim einen genießt man Kopffreiheit, Beinfreiheit, enormes Kofferraumvolumen, hochwertigste Materialien, an denen auch 24 Jahre nach Ende-Fließband nichts auszusetzen ist. Beim anderen das Gefühl, „very British“ zu sein.
Wer sich von der Reichweite eines Elektroautos nicht abschrecken lässt und trotzdem Benziner fahren will, ist mit dem XJR gut beraten. Bei längeren Touren sollte man zudem darauf verzichten, erwachsene Personen auf die Rückbank zu zwängen. Dort gibt’s zwar Sitzheizung, aber kaum Platz für die Füße. Ich nehme an, dass das einer der Gründe war, warum selbst die Queen lieber hinterm Lenkrad ihres X308 als im Fond Platz nahm.
Doch auch am Steuer heißts für Menschen mit Platzangst, erst einmal ruhig durchatmen. Im BMW schnallt man sich an. Den Jaguar schnallt man sich eher um und das, obwohl das Kätzchen in der Kurzversion stattliche 5,024 m misst – immerhin exakt 4 cm mehr als beim 7er.
Wer jetzt aber annimmt, der Bayer würde in Bierzeltkonfiguration (klein und etwas dicklich um die Mitte) daherkommen, wird natürlich Lügen gestraft. Überhaupt ist der E38 unter seinen Fans als der schönste 7er aller Zeiten bekannt! Manche meinen sogar, der E38 wäre die schönste Luxuslimousine aller Zeiten (zu letzteren gehört zum Beispiel der Auto-Youtuber Doug de Muro, wie er in diesem Video kundtut).
Dieser Kelch geht aber zumindest in meinen Augen am 7er vorbei und direkt an den XJR. Denn was der an Komfort, Alltagstauglichkeit und (in Kleinigkeiten) auch an Qualität einspart, steckt er gnadenlos in seine unvergleichliche Line von Bonnet bis Boot und natürlich in den massiven, 4 Liter-Supercharged V8. Der zwar säuft wie ein Space-Shuttle, dafür aber auch ähnliche Qualitäten im Vortrieb abliefert.
Kurz gesagt: Der XJR X308 ist ein absolut nutzloses Auto (im Alltag). Man fährt ihn nicht, weil er zu irgendetwas besonders gut wäre. Man fährt ihn, weil man ihn fahren will. Und vielleicht ist es genau das, was ihn „einfach nur gorgeous“ macht.
Eckdaten meines Jaguar XJR:
Erstzulassung: 08/2000
Kilometerstand: ca. 81.000 (Gekauft bei 79.600km)
Motor bei 40.000 km erneuert (ja, die Kettenspanner!)
Farbe Lackierung: Meteorite metallic
Farbe Leder: Oatmeal
Meine Musikempfehlung (für Touren im XJR und anderen schönen Autos)
1. Mike Mago & Dragonette – Outlines
2. Avicii – Levels
3. Coldplay – Higher Power
4. The Weekend – Blinding Lights
5. Kenny Loggins – Danger Zone
6. Jimi Jamison – I’ll Be Ready (Baywatch Theme)
7. Journey – Don’t Stop Believin‘
8. Calvin Harris, Rihanna – This Is What You Came For
9. Guns N‘ Roses – Sweet Child O‘ Mine
10. Und alles, was gefällt…<<
Markus, vielen herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag. Mir gefallen wie gesagt beide sehr gut und ich wünsche Dir weiterhin viel Freude an Deinem Fuhrpark!