
Ich erinnere mich gut an viele Ausflugsfahrten meiner Kindheit, in denen ich von der Rücksitzbank die Anzeigen im Cockpit unseres Mercedes 280 SE genau beobachtet habe. Die Bedeutung von Tachometer und Drehzahlmesser hatte ich mir schnell erschlossen. Die Öldruckanzeige links vom Tacho blieb für mich in ihrer Funktion dagegen noch etwas länger ein Mysterium. Sie war in leistungsstarken Fahrzeugen der 80er und 90er Jahre häufig anzutreffen und besonders deswegen reizvoll, weil sie eine Reihe verschiedener Aussagen zum Motor in einer Anzeige bündelte. Umso bedauerlicher, dass sie in heutigen Fahrzeugen nicht mehr anzutreffen ist!

Im Youngtimer-Segment bleibt uns die Öldruckanzeige aber natürlich erhalten. Es lohnt sich deshalb, einen Blick auf Zweck, Funktionsweise und die Fahrzeugmodelle mit diesem Feature zu werfen!
1. Wozu war die Öldruckanzeige überhaupt gut?
Kurz gesagt: Die Öldruckanzeige zeigt den Öldruck des Motors an. Typischerweise geben die Anzeigen den Öldruck in bar wieder (wir erinnern uns, 1 bar entspricht dem Druck einer Wassersäule von 10 m Höhe) und messen diesen direkt an der Ölpumpe des Motors. Die Öldruckanzeige ist natürlich von der simplen Öldruck-Kontrollleuchte zu unterscheiden: Letzterer liegt nur ein einfacher Schalter mit zwei Zuständen (an / aus) zugrunde, der bei zu geringem Öldruck aufleuchtet.
Die Öldruckanzeige dagegen zeigt den Öldruck auf einer kontinuierlichen Skala an. Und daraus lassen sich tatsächlich eine Reihe von Aussagen herleiten:
a) Ist der Öldruck ausreichend hoch?
Grundsätzlich versichert die Anzeige während der Fahrt, dass der Öldruck ausreichend hoch ist, was für einen Verbrennungsmotor naturgemäß lebenswichtig ist. Beispielsweise könnte ein schleichender Ölverlust dazu führen, dass die Ölmenge sukzessive zurückgeht und der Öldruck im Betrieb absinkt. Dieser Effekt lässt sich mit der Öldruckanzeige frühzeitig feststellen – noch bevor die Untergrenze erreicht ist und eine Warnlampe im Cockpit aufleuchtet.

b) Hat das Öl seine Betriebstemperatur bereits erreicht?
In der Praxis finde ich die Öldruckanzeige deswegen praktisch, weil sie aussagt, ob das Motoröl seine Betriebstemperatur erreicht hat. Im Grunde ist der Zusammenhang wie folgt: Mit steigender Temperatur nimmt die Viskosität des Öls ab und der Öldruck bei Leerlaufdrehzahl fällt. Bei kaltem Motor liegt der Öldruck im Leerlauf noch bei 3 bar oder mehr. Wenn der Öldruck im Leerlauf auf den Bereich zwischen 1 bis 1,5 bar zurückgeht, ist die richtige Betriebstemperatur des Öls erreicht.
Gibt man dann im Leerlauf Gas, muß der Öldruck sofort steigen und relativ schnell (typischerweise ab 1.000 bis 1.500/min) die 3 bar erreichen.




c) Leidet der Motor unter großem Verschleiß oder einem Defekt?
Wenn Motorkomponenten wie Lager oder Dichtungen unter großem Verschleiss leiden, kann sich das auch darin äußern, dass der normale Öldruck nicht mehr erreicht wird. Wenn das der Fall ist – die Öldruckanzeige also unter Last nicht mehr den regulären Öldruck anzeigt – sollte man das Fahrzeug (wenn überhaupt) nur noch vorsichtig bewegen, da Schmierung und Kühlung bereits eingeschränkt sind.
d) Ist die Viskosität des Öls die richtige für den Motor?
Auch die Viskosität des Öls hat einen direkten Einfluss auf den Öldruck. Insbesondere Motoröl mit zu hoher Viskosität (=Zähflüssigkeit) wird darin resultieren, dass der Öldruck auch im Leerlauf zu hoch bleibt. Das kann der Fall sein, wenn man entweder das falsche Motoröl gefüllt hat oder das Motoröl bereits verschlammt ist.
Wie funktioniert die Öldruckanzeige technisch?
Zunächst einmal müssen wir eine Unterscheidung treffen: Jedes moderne Auto mit Verbrennungsmotor hat einen Öldruckschalter: Dabei handelt es sich im Kern um ein kleines Rohr, das in den Motorblock geschraubt ist und in dem sich eine Druckfeder befindet, die bei ausreichendem Öldruck wiederum eine kleine Metallplatte gegen den Motorblock drückt. Sobald die Feder den Metallkontakt an die Masse des Motorblocks drückt, wird ein Stromkreislauf geschlossen und eine Öldruck-Kontrolllampe leuchtet im Cockpit auf. Wenn hingegen der Motor läuft und die Ölpumpe arbeitet, erhöht sich der Öldruck im Motor und der Stromkreislauf ist unterbrochen. Dieses einfache Prinzip ermöglicht allerdings nur eine Öldruck-Kontrolllampe mit zwei Zuständen (an / aus), jedoch keine Öldruckanzeige.
Die Öldruckanzeige braucht dagegen einen Öldrucksensor, der kontinuierliche Werte für die Druckanzeige ausgibt. In älteren Fahrzeugen der späten 70er Jahre wie dem Mercedes W123 und W116 wurde die Öldruckanzeige noch direkt über eine kleine Öldruckleitung angesteuert – das war natürlich eine sehr aufwändige Lösung. In den Fahrzeugen der 80er und 90er Jahre wurden günstigere elektrische Sensoren eingebaut. Hinter dem Ölfilter sitzt nun ein Drucksensor, dessen Widerstand mit steigendem Öldruck zunimmt. Die Öldruckanzeige wird nun über den Widerstand gesteuert, der am Sensor anliegt.

Der Öldrucksensor im Mercedes W124 beispielsweise arbeitet mit folgenden Widerstandswerten:

Interessant ist noch, dass nicht alle Öldruckanzeigen das volle Spektrum abbilden. Die Öldruckanzeige von Mercedes beispielsweise zeigt einen Druck von 0 bis 3 bar an. Der tatsächliche Öldruck im Motor liegt unter Last oft bei deutlich über 3 bar, die Anzeige bleibt dann am mechanischen Anschlag bei der 3 stehen. Im Motor öffnet bei 5 bar ein Überdruckventil komplett und läßt das Öl mit dem zu hohen Druck wieder in die Ölwanne ab. Die tatsächlichen Drücke im Mercedes gehen also bis ca. 5 bar. Die Öldruckanzeige im Jaguar dagegen geht bis 7 bar, siehe nachfolgende Abbildungen. Sie erreicht in der Praxis nicht den maximalen Ausschlag im Instrument.
In welchen Modellen der 90er Jahre gab es die Öldruckanzeige?
Die Öldruckanzeige gab es in einer ganzen Reihe hochwertiger Fahrzeuge der 90er Jahre, von denen ich nachfolgend einige beispielhaft (und natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit) aufgeführt habe.
Audi
Bei Audi gab es die Öldruckanzeige in den 90er Jahren als Bestandteil der sog. „Zusatzanzeigen“. Für die meisten Modelle gab es diese Anzeigen gegen Aufpreis. In ausgewählten Modellen wie z.B. dem Audi Coupé und Cabriolét, dem Audi S6 oder dem Audi V8 gab es sie dagegen sogar serienmäßig.

Audi hat eine Skala von 0 bis 5 bar verwendet und die Anzeigen entweder unten vor dem Schalthebel oder (im Audi 100 und im V8) oben rechts vom Kombiinstrument verbaut.

Heute gibt es die Öldruckanzeige bei Audi leider nicht mehr ab Werk, weder für Geld noch für gute Worte.
Citroen
Auch der Citroen XM, das Topmodell von Citroen in den 1990er Jahren, hatte noch eine Öldruckanzeige.

Jaguar
Jaguar hat eine lange Tradition mit Öldruckanzeigen: Sie wurden bereits im E-Type in den 60er Jahren verbaut. In den 90er Jahren fand sich die Öldruckanzeige noch im Jaguar XJS in Form eines Walzeninstruments von 0 bis 7 bar bis zum Facelift. Mit dem Facelift im Jahr 1993 bekam der Jaguar XJS die neuen Instrumente aus dem XJ40, die dann beide keine Öldruckanzeige mehr hatten.


Auch der Jaguar XJ der Serie III hatte oben links eine Öldruckanzeige im Cockpit. Mit seinem Nachfolger, dem XJ40, war die Öldruckanzeige bei Jaguar leider komplett entfallen. Heute bietet auch Jaguar keine Öldruckanzeige mehr an.

Einen besondere – aus technischer Sicht eher unrühmliche – Lösung hat Jaguar im XK8 verfolgt. Dort waren im Armaturenbrett oberhalb der Mittelkonsole drei Zusatzanzeigen verfügbar (siehe folgendes Foto). Die linke Anzeige lehnt sich an eine Öldruckanzeige an, trägt allerdings keine Zahlen an der Skala. Tatsächlich steht hinter dieser Anzeige auch nur ein Öldrucksensor mit zwei Zuständen (an / aus); der Zeiger zeigt entsprechend nur „in Ordnung“ (mittig auf der Skala) oder „nicht in Ordnung“ (roter Bereich links) – mehr nicht. Es handelt sich also tatsächlich mitnichten um eine echte Öldruckanzeige, sondern um eine Warnlampe in Form eines Zeigers. (Dasselbe gilt übrigens für die Anzeige der Kühlmitteltemperatur in X308 und XK8.) Ich finde, das ist eine einem Jaguar-Sportwagen unwürdige Kostensparmaßnahme. Übrigens gibt es in England Nachrüstsätze, mit denen sich sowohl die Öldruckanzeige als auch die Kühlmitteltemperaturanzeige in Anzeigen mit echten Werten umwandeln lassen (Link zu einem der Anbieter).

Mercedes
Die Öldruckanzeige war bei Mercedes von den 70ern bis in die 90er Jahre fester Teil des Kombiinstruments – Bilder dazu habe ich bereits zu Beginn dieses Artikels viele gezeigt. Nichtsdestotrotz ist die Öldruckanzeige auch bei Mercedes Ende der 90er Jahre schrittweise dem Rotstift zum Opfer gefallen: Mit dem Wechsel vom 190er (W201) zur C-Klasse (W202), vom W124 zum W210 sowie von der S-Klasse W140 zum W220 ist die Öldruckanzeige jeweils entfallen.
Opel
Auch bei Opel gab es in den 90er Jahren eine Öldruckanzeige für die Modelle mit Top-Motorisierung. Ganz zeitgenössisch wurde sie damals im “Mäusekino“ volldigital umgesetzt.

Porsche
Ähnlich war es auch bei Porsche: Die Öldruckanzeige war in den 80ern und zu Beginn der 90er Jahre noch fester Bestandteil aller Modelle. So verfügten die Modelle 911, 928 und 944 sowie 968 alle über eine Öldruckanzeige mit einer Skala von 0 bis 5 bar.


Entfallen ist die Öldruckanzeige bei Porsche dann mit dem Wechsel vom 968 zum Boxster. Im Porsche 911 blieb sie dagegen erhalten – auch der Porsche 911 der Baureihe 991 hatte noch eine klassische Öldruckanzeige, und sogar im aktuellen 911 Baureihe 992 gibt es noch eine digitale Öldruckanzeige!

Der Porsche 911 könnte damit möglicherweise das einzige aktuelle Fahrzeug sein, das noch über eine (wenn auch digitale) Öldruckanzeige verfügt. Bei Herstellern wie Audi, Jaguar und Mercedes ist sie im Laufe der 90er Jahre leider dem Rotstift zum Opfer gefallen. (Andere Hersteller wie BMW oder VW haben eine Öldruckanzeige zum keinen Zeitpunkt verbaut.)
Einerseits ist es doch bedauerlich, dass ein so praktisches – wenn auch vielleicht aufwändiges – Instrument mittlerweile fast komplett verschwunden ist. Andererseits ist es umso schöner, dass es mit Öldruckanzeige eine weitere technische Raffinesse gibt, die einen Youngtimer positiv von den heutigen Fahrzeugmodellen abhebt…