Mitte Juli hatte ich in diesem Beitrag über meinen Versuch berichtet, mit meinem Jaguar X308 an einem Fahrsicherheitstraining für klassische Autos am Nürburgring teilzunehmen. Leider hatte sich nach einer harten Vollbremsung auf nassem Asphalt bei 80 km/h irgendetwas gelöst und der Motor hatte plötzlich zu viel Spiel im Motorraum. Das Training war für mich zu Ende und der Heimweg erfolgte nicht mehr auf eigener Achse…
Die erste visuelle Inspektion des X308-Fachmanns Alexander Hartsen in Viersen ergab sofort, dass es richtig war, nicht mehr auf eigener Achse zu fahren: Bereits bei leichten Gasstößen mit eingelegter Fahrstufe und dem Fuß auf der Bremse hüpft der Motor nach oben, wie das Video zeigt. Die Verbindung des Motorblocks ist ganz offenbar nicht mehr gegeben.
Seit ein paar Tagen ist nun alles repariert und auch die Ursachse ist klar geworden. Der Bruch des Motorlagers war ebenfalls nur ein Folgeschaden!
Zur Erläuterung der Schadensursache ist vorab zu wissen, dass die Karosserie vorne auf zwei sog. „V-Haltern“ (bzw. Vee-Mounting in englisch) aufliegt und kraftschlüssig mit der Vorderachse verbunden wird.
Es gibt zwei symmetrische V-Halter, einen links und einen rechts, deren Verschraubung mit der Karosserie im Motorraum gut zu sehen ist. Im folgenden Bild sind die Schrauben des V-Halters auf der rechten Seite rot umrandet zu sehen, sowie auch das unter dem Motorblock teilweise zu sehende Motorlager.
Auch auf der linken Seite sind die Verschraubung der Karosserie mit der Vorderachse sowie das Motorlager im Motorraum zu sehen, wie die folgenden beiden Fotos zeigen.
Was war nun passiert?
Zunächst war wie erwähnt klar, dass das Motorlager auf der linken Seite versagt hat. Bei der Demontage war deutlich zu sehen, das das Alu-Druckgussgehäuse des linken Motorblocks im Bereich rund um die Verschraubung gebrochen war (siehe u.s. Bild).
Das Bild zeigt, das das Material des Hydrolagers an seiner dünnsten Stelle rund um die Schraube gebrochen ist.
Aber warum ist das Motorlager gebrochen, und warum nur auf einer Seite? Bei der Demontage der Vorderachse trat die Ursache zutage: Die Verbindungselemente beider V-Halter haben versagt.
Die unteren Verbindungsstücke der V-Halter (unten im u.s. Foto) müssen eigentlich fest mit den oberen Auflagen verbunden sein, sie sind mit ihnen vulkanisiert. Bei meinem Jaguar haben sie sich aber auf beiden Seiten gelöst, wie das u.s. Foto zeigt.
Dadurch, dass sich die beiden vulkanisierten Gummiverbindungen sowohl links als auch rechts gelöst haben, lag die Karosserie am Ende tatsächlich nur noch durch die Schwerkraft auf der Vorderachse auf und war mit dieser nicht mehr kraftschlüssig verbunden.
Ich gehe stark davon aus, dass diese Materialverbindung nicht an allen vier Stellen schlagartig versagt hat, sondern alterungsbedingt nach und nach schwächer geworden ist und vor dem Fahrsicherheitstraining nicht mehr an allen vier Stellen verbunden war. Durch den Bremsschlag hat/haben dann die letzte/n Verbindung/en aufgegeben. Damit hatten Vorderachse und Karosserie plötzlich zu viel Spiel, in der Folge ist dann eines der Motorlager gebrochen.
Der Vorgang zeigt für mich (ähnlich wie bei anderen Fahrwerkskomponenten), dass Materialpaarungen aus/mit Gummi eben schleichend altern und in ihrem jeweils aktuellen Erhaltungszustand schwer zu bewerten sind, solange sie nicht komplett ihren Dienst versagen.
Mit den neuen V-Haltern und der wieder voll hergestellten Verbindung vermittelt das Lenkrad nun auch ein viel präziseres Gefühl von der Fahrbahnbeschaffenheit. Auch das zeigt mir, dass hier bereits seit längerem keine optimale Materialpaarung mehr gegeben war.
Was hat das ganze nun gekostet? Der Heimtransport vom Nürburgring nach Viersen kostete 450 Euro, die Werkstattkosten alles in allem rund 1.600 Euro.
Glücklicherweise sind übrigens sowohl die Hydrolager als auch die V-Halter des X308 noch als Neuteile zu bekommen, letztere sogar noch direkt von Jaguar (ca. 170 britische Pfund pro Seite). Das ist auch beim X308 nicht mehr selbstverständlich: Parallel zu meinem Jaguar stand ein XJ8 in der Werkstatt, der eine neue Drosselklappe braucht. Die gibt es als Neuteil für den X308 schlicht nicht mehr, mit einzelnen Ausnahmen aus den USA für über 2.000 Dollar. Da helfen nur noch aufgearbeitete Gebrauchtteile.
Mein Fazit aus dem Fahrsicherheitstraining? Natürlich war die Erfahrung, mit dem Jaguar auf diese Art und Weise auszuscheiden, enttäuschend. Auch die 2.000 Euro Folgekosten des Ausflugs waren nicht erfreulich. Mit etwas Abstand überwiegt für mich aber die Sichtweise, dass hier ein „schlummernder“, potenziell nicht ganz unkritischer Mangel meines X308 aufgedeckt wurde. Es war gut, dass das Materialversagen der V-Halter sich auf einer abgesperrten Teststrecke offenbart hat und nicht zum Beispiel bei einer Vollbremsung mit Ausweichmanöver auf der Autobahn.
So gesehen hat ein Fahrsicherheitstraining für Klassiker noch einen ganz anderen Nutzen als das Fahrkönnen zu verbessern, nämlich den eigenen Oldtimer einem kontrollierten, aber intensiven Funktionstest zu unterziehen! Ich würde es alleine schon deshalb wieder machen.
Eine tickende Zeitbombe , ähnlich wie die Kettenspanner ?
Ich denke nicht, dass es ein so grundsätzliches Thema ist. Ich habe zuvor noch nie davon gehört oder darüber gelesen, auch mein X308-Experte und Werkstattmeister A. Hartsen kannte das Problem in der Form und Dramatik nicht. Ich vermute, dass es sich hier um eine spezifische Schwachstelle meines Fahrzeugs handelte…
Ich bin mir ziemlich sicher das es wohl ein Thema ist! Viele Teile halten sehr lange bei Jaguar, bei mein Daimler Super V8 zB. waren beide Endtöpfe und ebenso der Rest vom Auspuff noch Original wie ausgeliefert! Ich kenne wenig Autos wo ein Auspuff oder ein Antriebsriemen 25 Jahre alt sind oder älter,aber irgendwann ist schluß. Der Anriebsriemen war sogar noch in Ordnung aber sollte sicherheitshalber getäuscht werden was dann natürlich auch gemacht wurde. Sicher ist Rost auch ein Thema wovon deinem Daimler ebenso wie meinem betroffen ist. Jedes Material wird mit der Zeit schwächer und bricht irgendwann und nicht zu vergessen das das Fahrzeug fast 2 Tonnen wiegt. Dann kommt noch die hohe Laufleistung dazu. All mit allem ist es dann ein Wunder das die Verbindingsstücke überhaupt noch gehalten haben. Ich bin auf jeden Fall deiner Meinung das man so sein Fahrzeug gut auf Schwächen testen kann wenn man an so einer Sicherheitstraining teilnimmt. Das sind Sachen die einer Garage auch nicht findet…erst dann wann sie brechen. Ich bin vor ein paar Monate über 180 gefahren und spürte schon nach dem Ankauf das etwas mit der Lenkung nicht gepasst hat. In Endeffekt waren beide Traggelenke defekt und war ich nur sehr schnell auf der gerade unterwegs. Trotdem wenn dann was versagt…jetzt weiß ich was ich auf meiner Liste kann schreiben. Für dieses Jahr ist es genügend gewesen, Ankauf plus etwa €7000.- Reparatur reicht mir vorerst…;)