Natürlich ist eine luxuriöse Limousine mit dem Charakter des X308 – insbesondere als Daimler – mitnichten für Drehzahl- und Beschleunigungsorgien gemacht.

Um eines direkt zu beginn dieses Artikels klarzustellen: Auch ich genieße meinen Jaguar-V8 natürlich am liebsten bei niedrigen Drehzahlen, mit dezentem V8-Wummern und als zügigen Cruiser.

Nun habe ich aber ein reizvolles messtechnisches „Spielzeug“ namens Planlauf Car in meine Hände bekommen, bestehend aus den beiden nachfolgend dargestellten Komponenten:

GPS- und Beschleunigungssensor an der Windschutzscheibe...
GPS- und Beschleunigungssensor an der Windschutzscheibe…
...angeschlossen an einen Tablet-PC mit der messtechnischen Software "Planlauf Car"
…angeschlossen an einen Tablet-PC mit der messtechnischen Software „Planlauf Car“

So ausgerüstet hat mich doch die Frage umtrieben, wie beschleunigungsstark mein Jaguar wirklich ist. Vom Werk angegeben wird er mit 7,2 Sekunden von 0-100 km/h, aber ist das (immer noch) realistisch erreichbar? Als „Petrol Head“ interessiert mich einfach, zu welchen Beschleunigungswerten meine Raubkatze tatsächlich fähig ist.

Gesagt, getan – Sensor an der Windschutzscheibe montieren, Software starten, Sensor justieren, Messdaten-Rekorder starten, und es kann losgehen. Zunächst habe ich den Motor (ganz wichtig – 20 Kilometer!) behutsam warmgefahren, und mir dann drei Spots gesucht und gefunden, wo ich meine Beschleunigung messen könnte.

Nach etwa 12 Minuten Testfahrt konnte ich das folgende Geschwindigkeits- und Beschleunigungsprofil festhalten:

Geschwindigkeits- und Beschleunigungsprofil meiner Messfahrt
Geschwindigkeits- und Beschleunigungsprofil meiner Messfahrt

Der Geschwindigkeitsverlauf (oberste Kurve) zeigt – nach zunächst recht langer Fahrt mit konstant 100 und  etwa 120 km/h – meine drei Beschleunigungstests im rechten Teil des Bildes:

  1. Von 0 auf etwas über 200 km/h (mit aktiviertem Sport-Modus der Automatik)
  2. Von 0 auf etwas über 100 km/h  (mit aktiviertem Sport-Modus der Automatik)
  3. Von 0 auf etwas über 100 km/h (nun aber mit deaktiviertem Sport-Modus der Automatik, um den Einfluss zu sehen)

Danach habe ich es gut sein lassen – mehr als drei Vollgas-Beschleunigungen wollte ich meinem X308 nicht antun, auch wenn es ihm nichts auszumachen scheint.

Und hier nun das Ergebnis direkt aus dem Messgerät:

Geschwindigkeit
(km/h)
Messfahrt 1
(mit Sport-Modus)image
Messfahrt 2
(mit Sport-Modus)image
Messfahrt 3
(ohne Sport-Modus)image
20 1,72 Sekunden
(5,9 Meter)
 1,22 Sekunden
(3,4 Meter)
 1,17 Sekunden
(3,1 Meter)
40 2,17 Sekunden
(12,4 Meter)
 2,67 Sekunden
(16,4 Meter)
 2,40 Sekunden
(13,3 Meter)
60 3,26 Sekunden
(29,1 Meter)
  3,76 Sekunden
(32,5 Meter)
 4,37 Sekunden
(40,9 Meter)
80 4,97 Sekunden
(63,6 Meter)
  5,60 Sekunden
(69,6 Meter)
 5,94 Sekunden
(71,1 Meter)
100 7,35 Sekunden
(123,3 Meter)
  7,60 Sekunden
(119,9 Meter)
 7,93 Sekunden
(122,1 Meter)
120 10,00 Sekunden
(206,7 Meter)
 10,10 Sekunden
(196,5 Meter)
 –
160 15,99 Sekunden
(449,8 Meter)
 –  –
180 21,04 Sekunden
(690,8 Meter)
 –  –
200 27,48 Sekunden
(1.034,9 Meter)
 –  –

Nach der Messfahrt war ich natürlich sehr gespannt auf diese Werte. Auf den ersten Blick scheinen sie gut zu passen. Das Fahrzeug erreicht zwar nicht ganz die Herstellerangabe, aber die erreicht man eigentlich so gut wie nie; zumindest nicht, wenn man sein Auto nicht über Gebühr quälen will (auf Extraeffekte wie einen „Kick Start“ habe ich beim Start natürlich verzichtet).

Für die Interpretation der Ergebnisse möchte ich aber nicht den ebenfalls aufgezeichneten Höhenunterschied bei den Messungen verschweigen:

Messfahrt 1 Messfahrt  2 Messfahrt 3
Höhenunterschied   Weg-strecke 0-100 km/h -2,9 Meter („bergab“) -0,8 Meter  („bergab“) +0,2 Meter („bergauf“)

Man sieht also, dass die recht guten Beschleunigungswerte insbesondere bei Messfahrt 1 durch ein merkliches „Bergab-Gefälle“ messbar begünstigt wurden. Der „realistische“ Beschleunigungswert von 0 auf 100 auf ebener Fläche dürfte also irgendwo um die 7,6 Sekunden liegen.

Um auch noch rekonstruieren zu können, wie unterschiedlich die Schaltpunkte mit und ohne Sport-Modus sind, habe ich die zweite und dritte Messfahrt mitgefilmt. So sieht die Beschleunigung (mit aktiviertem Sport-Modus der Automatik) auf Tacho und Drehzahlmesser aus:

Und so stellt sich die Beschleunigung ohne Sport-Modus dar:

Im ersten Gang dreht der Sportmodus noch deutlich höher (knapp 7.000 U/min versus ca. 5.500 U/min). Im zweiten Gang dreht das Fahrzeug aber auch ohne Sport-Modus schon bis an 6.000 U/min heran.

Es zeigt sich, dass der Einfluss des Sport-Modus auf die Beschleunigungswerte gering ist. Im Sport-Modus liegt das Drehzahlniveau zwar im Mittel höher, so dass man spontaner zwischenbeschleunigen kann, was aber von 0 auf 100 km/h nicht zu merklich besseren Beschleunigungswerten führt.

Alles in allem hat der Jaguar hier absolut bewiesen, dass er – auch ohne Kompressor – bei Bedarf noch zu den wirklich zügigen Fahrzeugen gehört. Ein Blick auf Vergleichswerte zeigt, dass auch ein 1998er Mercedes-Benz S500 nicht wirklich schneller beschleunigt. Scharfe Krallen hat sie, diese Raubkatze!

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