Der faszinierende Gastbeitrag von Dietmar von vor drei Wochen ist mir im Kopf geblieben: Nach England reisen und dort einen Jaguar kaufen, das hat was. Ja, man muss mit dem Rechtslenker leben. Damit habe ich keine eigenen Erfahrungen, aber auf eine gewisse Weise unterstreicht das beim Jaguar durchaus das britische Flair…
Und immer wieder höre ich auch, dass insbesondere klassische Jaguar in UK günstiger zu haben sind. Deswegen habe ich die Suchmaschine Auto Trader UK gestartet, um Preise zu vergleichen. Ich war gespannt zu sehen, wie sich das dortige Preisniveau aus deutscher Sicht darstellt.
Für welche Preise sind gute Jaguar X300/X308 auf dem englischen Markt zu haben?
Ich habe meine Suche auf die Jaguar-Modelle X300 und X308 fokussiert, da ich hier ein gutes Gefühl für die heimischen Preise habe. Zunächst war ich gespannt auf die reine Anzahl der Angebote.
Erster Eindruck: Die Auswahl ist mengenmäßig nicht größer als bei uns. Aktuell finden sich auf Auto Trader in Großbritannien 39 Jaguar XJ mit Erstzulassung zwischen 1995 und 2002.
Zweiter Eindruck: Das Preisniveau scheint attraktiv zu sein. Ein X308 wird auch in UK nicht verschenkt, aber der Unterschied könnte sich auf ein paar Tausend Euro belaufen. Zur näheren Betrachtung lasse ich das (überraschend große) Angebot an Fahrzeugen für unter 3.000 Pfund links liegen und konzentriere mich auf Inserate, die glaubwürdig einen XJ in sehr gutem Pflegezustand versprechen.
1) Ein 2000er Jaguar XJ8 3.2 aus erster Hand für 8.000 Euro
Mein erstes Beispiel ist ein klassischer, dunkelgrüner XJ8 3.2 aus erster Hand, von privat inseriert. Mit 100.000 Meilen entspricht die Laufleistung rund 160.000 Kilometern. Das Auto wird für knapp 7.000 GBP angeboten, was rund 8.000 Euro entspricht.
Viele der Inserate haben überraschend viele Bilder. So wirkt auch dieses Inserat mit 40 Fotos recht umfassend beschrieben. Das Auto scheint den Fotos nach (gemessen an der Laufleistung) sehr ordentlich dazustehen, mir sind keine wesentlichen Mängel wie Kratzer, Dellen oder dergleichen ins Auge gefallen. Ich würde solch ein Fahrzeug in Deutschland (als deutsche Ausführung) im Preisbereich um 12.000 Euro sehen, also durchaus gute 30 bis 40 Prozent höher.
2) Ein Jaguar XJ8 Sovereign mit 50.000 km für unter 13.000 Euro
Dieses Modell ist aktuell der „höchstpreisige“ X308 auf Auto Trader UK! Die Tatsache, dass selbst er unter 13.000 Euro liegt, sagt auch etwas über das Preisniveau. Es handelt sich um einen Jaguar XJ8 Sovereign 4.0 mit lediglich 50.000 km Laufleistung, der allerdings aus Japan reimportiert wurde. (Hier erweist es sich als praktisch, dass japanische Kunden bei Luxusfahrzeugen oft die Wahl zwischen Links- und Rechtslenker hatten, es gibt also attraktive Modelle sowohl für den britischen als auch für den kontinentaleuropäischen Markt.)
Auch wenn es sich um einen japanischen Reimport handelt, werden solche Modelle in Deutschland höherpreisiger angeboten. Einen (japanischen) Linkslenker vorausgesetzt, würde ich bei diesem Modell mit der Laufleistung und als 2002er Jahrgang zumindest von 17.000 bis 20.000 Euro ausgehen. Auch hier könnten also die 30 bis 40 Prozent Preisunterschied grob passen.
Hier sind ein paar weitere Eindrücke aus dem Inserat. Es scheint sich um ein gepflegtes Fahrzeug zu handeln. Lediglich das Nachrüst-Radio und der Nachrüst-Leaper (beides mit dem japanischen Ursprung zu erklären) wären nicht mein Fall.
3) Ein guter 1995er Jaguar XJR für unter 13.000 Euro
Schauen wir mal in das Segment der X300-Modelle. Hier fällt mir ein Jaguar XJR in Sapphire Blue besonders ins Auge. Ich mag diese Generation des XJR sehr. Dieses Modell hat rund 160.000 km gelaufen und scheint eine gute Wartungshistorie zu haben, zumindest enthält das Inserat einige umfangreiche Rechnungen, inkl. einer Überholung des Kompressors im Jahr 2023. Angeboten wird dieses Fahrzeug von einem Händler hochpreisiger Sportwagen mit dem schönen Namen „Targa Florio Cars“ für unter 13.000 Euro. Auch hier ließe sich argumentieren, dass dieses Fahrzeug in deutscher Spezifikation bei uns sicher 30% höher liegen dürfte – 17.000 Euro würden mir als Angebotspreis realistisch erscheinen.
Und auch hier deuten die vielen Fotos im Inserat darauf hin, dass es sich um ein sehr gepflegtes Fahrzeug handeln könnte. Lack, Leder, Schalter, Felgen – nirgendwo sind größere Gebrauchsspuren erkennbar. Wenn dieses Auto bei mir in der Nähe stehen würde, wäre ich vielleicht schon unterwegs zur Besichtigung 🙂
Und wo liegen die englischen Preise für deutsche Youngtimer?
Wenn also unsere Jaguar der Baureihen X300 und X308 rund 30 bis 40 Prozent unter dem deutschen Niveau angeboten werden, wo liegen dann die Preise deutscher Klassiker aus derselben Zeit in Großbritannien? Auch diese Frage lässt sich natürlich nur beispielhaft beantworten, so dass ich mich auf die Suche nach Mercedes-Modellen der 90er Jahre gemacht habe.
Ein guter Mercedes 300 SL-24 für 23.500 Euro
Hier ist der erste Eindruck anders als bei Jaguar: Die britischen Preise für Mercedes der 90er Jahre erscheinen mir sehr ähnlich zu sein wie in Deutschland. Auch hier fokussiere ich mich auf Modelle in gutem Zustand, aber es gelingt mir kaum, preisliche Schnäppchen zu finden.
Ein gutes Beispiel für das Preisniveau ist dieser – offenbar sehr gepflegte – Mercedes 300 SL-24 aus dem Jahr 1990 mit rund 100.000 km Laufleistung. Der Preis von 20.000 Pfund entspricht rund 23.500 Euro, dafür dürfte man auch in Deutschland ein vergleichbares Fahrzeug bekommen.
Ein japanischer Mercedes S500 (W140) für 23.500 Euro
Ähnlich stellt sich das Preisniveau für die S-Klasse dar. Dieser Mercedes S500 aus dem Jahr 1994 ist ein japanischer Reimport mit nur rund 65.000 km Laufleistung und wird ebenfalls für 20.000 Pfund angeboten. (Wie bei dem silbernen XJ8 oben zahlt sich auch hier aus, dass der W140 in Japan sowohl als Links- als auch als Rechtslenker angeboten wurde.)
Ähnliche Inserate gibt es auch bei uns, und auch hier würde ich das Preisniveau für einen japanischen Reimport in diesem Zustand in einem vergleichbaren Preisniveau ansetzen.
Ein 1994er Mercedes 300 GE lang aus Japan für 32.000 Euro
Überrascht war ich, dass bei den Mercedes-Angeboten der 90er Jahre doch einige Modelle der G-Klasse enthalten waren. Dieses Fahrzeug scheint in Großbritannien populär zu sein. Auch hier passt das Preisniveau aber grob zum deutschen Markt.
Ein Beispiel: Dieser Mercedes 300 GE lang mit rund 160.000 km wurde ebenfalls aus Japan reimportiert und wird nun für umgerechnet rund 32.000 Euro angeboten. Auch hier scheint das Preisniveau vergleichbar zum deutschen Markt zu sein, wo zum Beispiel aktuell ein 300 GE lang deutscher Spezifikation (kein Reimport also) mit 210.000 km für 33.000 Euro inseriert wird.
Nichtsdestotrotz ist dieser 300 GE lang ein interessanter, seltener Youngtimer. Hier sind noch ein paar weitere Bilder aus dem Inserat:
Mein Fazit fällt also recht eindeutig aus…
Nach zwei bis drei Stunden Recherche auf Auto Trader UK komme ich zu einem recht klaren Bild: Jaguar-Modelle der Baureihen X300 und X308 werden in Großbritannien tatsächlich rund 30 bis 40 Prozent günstiger angeboten als in Deutschland. Das gilt aber nicht pauschal für alle Luxuslimousinen der 90er Jahre – die Preise für vergleichbare Mercedes aus dieser Zeit entsprechen offenbar mehr oder wenig genau dem deutschen Markt.
Ein Hinweis noch: Wer einen Gebrauchtwagen aus Großbritannien importiert, muss an Zoll und Einfuhrumsatzsteuer denken, ähnlich wie in den USA, denn leider gehört GB bekanntermaßen nicht mehr zur EU.
Für Jaguar-Fans in Kontinentaleuropa bleibt also die Frage, ob man mit einem Rechtslenker leben kann und möchte. Wie seht Ihr das, käme für Euch ein Jaguar-Kauf in Großbritannien in Betracht? Ich bin wie immer gespannt über Eure Kommentare unter diesem Beitrag!
Hallo Herr Lenders , wieder mal ein sehr interessanter Artikel , meinen Glückwunsch .
Seit fast 2 Jahren fahre ich meinen X 308 und der ist ein Rechtslenker . Ich bin mittlerweile so daran gewöhnt rechts zu sitzen , dass ich es fast schon besser finde , als links zu sitzen . Man fährt ziemlich weit rechts am Fahrbahnrand , weil man den Rand ja gut sehen kann . Ich hab das Gefühl , dass es mehr Rechtskurven als Linkskurven gibt .
Auch das Überholen von Bussen oder LKW auf Landstraßen ist kein Problem im Rechtslenker . Etwas zurückfallen lassen und ein klein wenig nach links fahren und dann sieht man den Gegenverkehr . Sehr positiv ist das Aussteigen zum Bürgersteig hin . Das Ticket ziehen im Parkhaus stellt sich für mich auch noch nicht als hinderlich dar , weil ich noch so gelenkig bin , dass ich mich über den Beifahrersitz strecken und aus dem Beifahrerfenster das Ticket ziehen kann . Ich habe auch den Eindruck , das ich Nachts nicht so stark vom Licht des Gegenverkehrs geblendet werde , weil ich rechts sitze . Es lässt sich auch auf dem Kontinent mit einem Rechtslenker sehr gut leben . Bei rechtsgelenkten Fahrzeugen müssen für den Einsatz auf dem Kontinent halt die Scheinwerfer getauscht werden . Ich denke auch darüber nach , noch ein Fahrzeug aus GB zu kaufen . Leider ist es durch den Brexit komplizierter und teurer geworden . Best Regards . Gero Koller
Lieber Herr Koller, vielen Dank für den spontanen Praxisbericht vom Fahren eines RHD-Jaguars in Deutschland! Hört sich insgesamt doch sehr passabel an, britisches Flair durch das rechte Steuer inklusive. Und für das Ticket-Ziehen im Parkhaus ist die Lösung auch absehbar: Immer mehr Parkhäuser in Deutschland stellen auf ticketloses Parken mittels Nummernschild-Erkennung um! 🙂