Wir sind regelmäßig zu Gast in Thailand, da die Mutter meiner Frau (und viele Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins) in Bangkok lebt. So hat es uns auch im Juli 2023 hierher verschlagen. Keine Frage, Thailand hat viele touristische Reize, und die Großstadt Bangkok fasziniert mit ihrem pulsierenden, unvergleichlich vielfältigen Leben. Aber Thailand ist darüber hinaus auch ein Auto-Land. Der Anzahl produzierter Fahrzeuge nach ist Thailand zehntgrößter Auto-Produzent der Welt (Stand 2019), vor Ländern wie Großbritannien oder Italien!
Das allgemeine Straßenbild in Bangkok
Bei einem Aufenthalt in Bangkok erschließt sich die lebendige Autoszene schnell. Es gibt große, prestigeträchtige Autohäuser und man sieht zwischen Tuk-Tuks und japanischen Pickup-Trucks auch viele wertvolle Autos aus Asien und Europa.
Wir waren in den vergangenen Wochen viel in Bangkok und Umland unterwegs. Ich habe bei unseren Fahrten im Auge gehalten, welche Youngtimer aus den 80er und 90er Jahren man denn tatsächlich auf den Straßen sieht.
Das allgemeine Straßenbild wird im Wesentlichen durch japanische Hersteller bestimmt. Daneben sieht man auch viele Fahrzeuge aus südkoreanischer und chinesischer Produktion. Toyota, Honda und Isuzu stellen die große Mehrheit dar, vom Kleinwagen bis zur Oberklasse (diese drei Hersteller machen zusammen mehr als zwei Drittel der Neuzulassungen aus). Naturgemäß sind von diesen Marken auch noch viele Autos aus den 80er und 90er Jahren unterwegs. Es handelt sich dabei aber weniger um Liebhaberfahrzeuge, sondern in der Regel schlicht um günstiges Autofahren.
Europäer auf Bangkoks Straßen
Europäische Fahrzeuge auf den Straßen Bangkoks sind (in Reihenfolge nach Häufigkeit) zumeist von Mercedes, BMW, Volvo, Porsche, Audi und Range Rover. Andere europäische Marken (einschließlich Jaguar) spielen im Straßenbild eine deutlich untergeordnete Rolle. VW sieht man fast nur in Form des Multivan (von dem ich überrascht über seinen Stellenwert als „Nobel-Van“ war).
Einer der Gründe hierfür dürfte sein, dass Mercedes, BMW und Volvo seit vielen Jahrzehnten das Gros der Fahrzeuge auch in thailändischen Werken produzieren. Mercedes beispielsweise hat seit vielen Jahrzehnten ein Werk in Samutprakarn in Thailand, in dem aktuell Modelle der A-, E- und S-Klasse sowie der CLA, GLA und (seit 2023) auch der GLC endmontiert werden (sog. „CKD-Montage“).
Europäische Youngtimer: Die Thailänder lieben Mercedes
Diese Historie prägt die Youngtimer-Szene in Thailand: Sie ist (genau wie anderswo in der Welt) sehr Mercedes- und BMW-lastig. Ich war überrascht, wie häufig man insbesondere den Mercedes W140 auf den Straßen sieht. Ich habe darauf geachtet: Wenn man sich in Bangkok im Straßenverkehr bewegt, vergeht kein Tag, an dem man nicht zumindest einem W140 begegnet.
Nicht viel weniger häufig trifft man auf Thailands Straßen auch den Mercedes W124 an. Dieses Modell erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit. Etwas seltener, aber ebenfalls noch regelmäßig präsent sind die S-Klasse der Baureihe W126, der W201 („190er“) und die C-Klasse (W202) anzutreffen.
Klassische BMW sind im Straßenverkehr etwas seltener anzutreffen und weniger auf ein Modell gebündelt. Unter den Europäern der 90er Jahre belegt BMW aus meiner Sicht aber nach Mercedes eindeutig den zweiten Platz.
Gerade bei den BMW- und Mercedes-Modellen der 80er und 90er Jahre trifft man immer wieder auch auf Exemplare mit zeitgenössischem Tuning von AMG, BRABUS etc. Man kann sich gut vorstellen, wie diese Autos als Neufahrzeuge damals ohne echte Budgetbeschränkung konfiguriert und bestellt wurden.
Volvo ist auf Thailands Straßen ebenso präsent
Auch historische Volvo sind (genau wie die aktuellen Modelle) sehr regelmäßig auf den Straßen Thailands anzutreffen.
Und was ist mit Jaguar?
Einen Jaguar habe ich in drei Wochen im Straßenverkehr lediglich zwei Mal gesehen, einen XJ letzter Baureihe und einen XF. Es gibt sie, aber eben nur in verschwindend geringen Stückzahlen. Nichtsdestotrotz lieben die Thailänder Jaguar; auf „Vintage Car Exhibitions“ im Land sind thailändische Jaguar oft präsent. Eine größere Verbreitung von Jaguar dürfte an den signifikanten Einfuhrzöllen seit den 70er Jahren für Autos, die nicht in Thailand montiert wurden, gescheitert sein. Bis heute gibt es in Thailand eine Einfuhrsteuer von 80% (!) für Fahrzeuge, die nicht innerhalb der ASEAN-Freihandelszone montiert wurden – ein Grund für die lokalen Werke von Volvo, Mercedes, BMW u.a. Im Umkehrschluss sind Jaguar in Thailand schlicht zu teuer. Die XF-Limousine beginnt derzeit preislich bei 3,1 Mio. Baht, das sind rund 82.000 Euro.
Auch die übrigen europäischen Hersteller wie Volkswagen (mit Ausnahme des Multivan!), Opel, Peugeot, Alfa Romeo etc. sind im Straßenverkehr so gut wie nicht wahrnehmbar.
Porsche hat einen großen Stellenwert in Thailand
Porsche spielt eine große Rolle in Thailand, insbesondere in Bangkok. Es dominieren Cayenne und Macan, gefolgt von Panamera und Taycan. Aber auch 911 sieht man immer wieder. Und das bei Preisen, die über denen in Deutschland liegen (Einfuhrsteuern): Für ein wenig gebrauchtes Porsche 992 turbo S Cabrio werden vom Händler gerne mal umgerechnet 570.000 Euro aufgerufen, für ein gut erhaltenes 996 turbo S Coupé mit 100.000 km immerhin noch 165.000 Euro.
Nichtsdestotrotz ist die Porsche-Szene in Thailand sehr lebendig. Ein Beispiel dafür ist das privat organisierte Event „Das Fest“ in Bangkok. Einmal im Jahr kommen hier Porsche-Fahrer zusammen und präsentieren ihre Modelle der begeisterten Öffentlichkeit.
Zu guter letzt zurück zum Mercedes W140 in Thailand…
Aber nochmal zurück zum Mercedes W140: Dessen große Beliebtheit auf den Straßen Thailands spiegelt sich in der Popularität der thailändischen Facebook-Gruppe wieder. Immerhin gut 11.700 Mitglieder hat die W140-Gruppe in thailändischer Sprache derzeit. Zum Vergleich: Die deutsche Gruppe der „W140-Freunde“ hat aktuell rund 3.600 Mitglieder.
Und was kostet ein thailändischer W140? Inseraten auf gängigen Portalen zufolge liegt das Preisniveau unterhalb von deutschen Angeboten. Fahrbereite, „einigermaßen gepflegte“ Modelle liegen zwischen 170.000 und 500.000 Baht (also grob 5.000 bis 15.000 Euro). Mein Eindruck ist, dass der Pflegezustand im Durchschnitt unter dem in Deutschland liegt – vieles sieht man hier pragmatischer. Hinzu kommt, dass es Rechtslenker sind, die in Thailand endmontiert wurden. Damit sind die Fahrzeuge für europäische Sammler vermutlich weitgehend uninteressant.
Am Ende bleibt mir vor allem eine Erkenntnis im Kopf. Egal, wohin man reist auf dieser Erde: Es sind vor allem die deutschen Premium-Hersteller, die das Gros der Youngtimer-Szene bewegen, angeführt von Mercedes und gefolgt von BMW und Porsche!
Bezogen auf die Metropolregion Bangkok bleibt für mich ein ebenso nachhaltiger Eindruck, dass sich die Straßen dieser Region jenseits ihrer Kapazität bewegen (trotz vieler achtspuriger Autobahnen). Man steht auf den Hauptstraßen fast rund um die Uhr im Stau und braucht schnell mal eine Stunde, um fünf bis zehn Kilometer zurückzulegen. Das hat zur Folge, dass viele Youngtimer-Liebhaber ihre Schätze vorzugsweise in der (Tief-) Garage pflegen und nur zu seltenen Anlässen bewegen. Da ist eine entspannte Youngtimer-Ausfahrt in Europa erheblich einfacher und freudvoller möglich…
In diesem Sinne sende ich allen Lesern dieser Seite ganz herzliche Urlaubsgrüße aus Thailand und wünsche Euch auch eine gute Erholung, wo auch immer Ihr die Sommertage verbringt!