Gastbeitrag: „Mein Jaguar Daimler Super V8 SWB – die Nummer 1 lebt (…und zwar in der Schweiz)!“

Der Jaguar Daimler Super V8 ist ohne Frage die Krönung der Baureihe X308. Bei ihm gehörte der lange Radstand („LWB“, long wheelbase) zum Serienumfang. Auf besonderen Kundenwunsch und ohne Mehrpreis war der Daimler Super V8 aber auch mit kurzem Radstand lieferbar. Von dieser Option wurde nur 76 Mal Gebrauch gemacht, mehr Daimler Super V8 SWB („short wheelbase“) wurden nicht produziert (Quelle: Wikipedia)!

Wie viele dieser 76 Fahrzeuge weltweit noch auf der Straße sind, lässt sich naturgemäß kaum ermitteln. Aber: Wir wissen genau, wo der allererste produzierte Daimler Super V8 SWB sich befindet! Er gehört unserem Leser Axel und erfreut sich als echtes Liebhaberfahrzeug bester Gesundheit.

Erfreulicherweise hatte ich die Chance, Axel ein paar Fragen zu seinem ganz besonderen X308 zu stellen!

Du besitzt einen wunderschönen Daimler Super V8 SWB, der als erstes produziertes Fahrzeug dieses Modells wirklich etwas ganz Besonderes ist. Kannst Du uns etwas über die Historie des Fahrzeugs erzählen? Seit wann besitzt Du das Fahrzeug?

Der Daimler fand Mitte 2008 als Alltagsauto den Weg in meine Garage. Ich konnte ihn mit einem Kilometerstand von rund 99’000 Kilometern vom 3. Besitzer für knapp 20’000 Franken erwerben. Während seinen beiden vorangegangenen Zulassungen (1998 bis 2001 und 2001 bis 2006) war er als Direktionsfahrzeug einer Firma unterwegs. Somit wurde der Daimler in seinen ersten 10 Lebensjahren mit einer durchschnittlichen Jahreslaufleistung von knapp 10’000 Kilometern wenig bewegt.

Das sollte sich nun ändern. In den kommenden 5 Jahren kletterte der Tacho, bedingt durch meinen täglichen Arbeitsweg (150 km) und verschiedene Urlaubsreisen, um rund 230’000 Kilometer nach oben. Die Ferienfahrten führten uns unter anderem nach Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und Monaco, wo er oft bewundernde Blicke auf sich zog. Sogar auf dem Place du Casino in Monte Carlo wurde der Daimler von den kamerabewehrten Touristen oftmals als Fotosujet den anderen versammelten Edelkarossen vorgezogen. So dürfte mein Auto rund um den Globus in einigen Fotoalben als Erinnerung an einen Aufenthalt in Monaco verewigt sein.

Seit 2013 geniesst er seinen wohlverdienten Ruhestand und wird nur noch in der salzfreien Jahreszeit bewegt. Seine Pensionierung war für mich der Anlass, etwas mehr über seine Geschichte zu erfahren. Beim Stöbern in verschiedenen einschlägigen Foren stieß ich dann auf die Website des Jaguar Daimler Heritage Trust, wo man sich für ein paar britische Pfund eine Geburtsurkunde seines Fahrzeugs ausstellen lassen kann. Die Überraschung und Freude war natürlich gross, als ich bereits nach wenigen Tagen das schön aufgemachte „Production Record Trace Certificate“ in Händen hielt, das meinen Daimler als „to be the first short wheelbase Daimler Super Eight to be made“ auswies. Hierzu muss man wissen, dass von den 126‘260 je gebauten X308-Modellen nur 2’463 als Daimler Super V8 ausgeliefert wurden und hiervon wiederum lediglich 76 in der Short-Wheelbase-Ausführung auf speziellen Kundenwunsch.

Wie viele davon wohl heute noch unterwegs sein mögen? Die Nummer 1 auf jeden Fall lebt!

Axel, was macht für Dich den Reiz dieses Fahrzeugs im besonderen aus?

Über allem steht für mich das zeitlos sportlich-elegante Äußere des Wagens. Der langgestreckte flache Aufbau wirkt aus jeder Perspektive harmonisch, eigenständig und ideal proportioniert. Die geschickt gesetzten Chromelemente unterstreichen dabei den Anspruch, ein Premium-Produkt mit viel „Britishness“ und „Understatement“ zu sein. Dass in diesem Konzept auch noch kleine Zitate aus dem Jaguar-Rennsport – wie z.B. der große einarmige Scheibenwischer – Platz finden, runden für mich das durch und durch gelungene unverwechselbare Design dieses Autos ab.

Auch der Innenraum wirkt mit seinen bequemen Ledersesseln und dem reichlich verbauten Wurzelholz mit den hell abgesetzten Intarsien sehr edel und wertig. Den einzigen Wehmutstropfen bildet hier Jaguars Griff ins Ford-Regal bei verschiedenen Bedienelementen, wie z.B. bei den Fensterheberschaltern, welche man unter anderem auch im zeitgenössischen Ford Fiesta findet.

Last but not least muss ich natürlich auch den seidenweich laufenden Motor erwähnen. Dieses Kraftpaket mit Rennsportgenen eignet sich ideal zum komfortablen Cruisen mit dem guten Gefühl, bei Bedarf über ausreichend Reserven zu verfügen. Nach dem Motto „Ich könnte, wenn ich wollte“.   

Über allem steht für mich das zeitlos sportlich-elegante Äußere des Wagens. Der langgestreckte flache Aufbau wirkt aus jeder Perspektive harmonisch, eigenständig und ideal proportioniert.

Axel über seinen Daimler Super V8

Wie sind Deine Erfahrungen mit dem Fahrzeug aus technischer Sicht? Gab es größere Baustellen, und wie sieht Deine aktuelle Liste anstehender Arbeiten aus?

Mein Daimler hat jetzt über 342‘000 Kilometer auf der Uhr. Allein dies spricht eigentlich schon für sich. Selbstverständlich gab es über die Jahre auch technische Probleme und größere Reparaturen, bei denen andere vielleicht schon das Handtuch geworfen hätten. Als da wären der recht kostspielige Ersatz der Kettenspanner und der Führungsbahn, die ich vorausschauend bereits bei 117‘000 km ausführen ließ. Oder ein gerissener Keilriemen, dem dann auch gleich der Klimakompressor zum Opfer fiel. Nicht zu vergessen auch das plötzliche Ableben des ABS-Steuergeräts und der zwei Benzinpumpen. In bleibender Erinnerung ist mir auch die Fahrt durch meine Heimatstadt an einem schönen Sommerabend, wo ich infolge eines geplatzten Kühlmittelexpansionsgefäßes (was für ein Wort) als fahrende Nebelmaschine ganze Straßenzüge in ein fahles Novemberlicht tauchte. Das war zum einen damals wirklich peinlich, ist dafür heute eine von jeder Runde immer wieder mit großem Hallo aufgenommene Anekdote.  

Als nächstes steht bei meinem Daimler die Erneuerung des Dachhimmels an, der sich offenbar bei allen X308 irgendwann der Schwerkraft hingibt. Das Problem hierbei ist, dass für den sauberen Einbau des neuen Himmels die Front- und Heckscheibe ausgebaut werden müssen. Der Sattler meines Vertrauens hat aber in England eine Bezugsquelle ausfindig gemacht, die ein Produkt anbietet, bei welchem dieser Zusatzaufwand durch eine neue Falttechnik des Ersatzhimmels entfällt.

Kommen wir aber jetzt noch zur eigentlichen Dauerbaustelle: ROST.  Die braune Pest befällt den Daimler regelmäßig und überall. Sei es der Hinterachsrahmen, die Schweller, die Stossdämpferaufnahmen, die Scheibenrahmen, die Türfalze … fast jedes Bauteil, das mit der winterlichen Salzlake in Berührung kommt, wird angesteckt. Mein Tipp: Regelmäßige Kontrolle auf der Hebebühne und genügend finanzielle Rückstellungen.

Alles in allem habe ich über die Jahre etwas über 50‘000 Franken in Unterhalt und Reparaturen (inkl. Wartung, Reifen und Verbrauchsmaterial) investiert, was ungefähr 20 Rappen pro gefahrenem Kilometer entspricht. Ein meines Erachtens vertretbarer Wert.

Was magst Du uns über Deine Person verraten? Schlägt Dein Herz schon immer für Jaguar? Gibt es noch andere Autos, die es Dir angetan haben?

Ich würde mich als seit Kindesbeinen an „autoaffin“ bezeichnen. Dabei standen und stehen immer Fahrzeuge im Fokus, die über ein bestimmtes Alleinstellungsmerkmal verfügen. Sei dies nun der historische Kontext, das Design, die individuelle Fahrzeuggeschichte oder das Jahrhundertschnäppchen, das einem nur einmal im Leben begegnet.

So begann meine automobile Karriere – der damaligen Zeit entsprechend (ich bin Jahrgang 1963) – mit der Anschaffung eines 68er VW Käfers. Einige Krabbeltiere später stand dann bereits in meinen frühen Zwanzigerjahren das bereits erwähnte Jahrhundertschnäppchen in Form eines gebrauchten dunkelblauen XJ6 mit beigem Lederinterieur aus dem Jahre 1981 vor unserem Haus. Doch die Freude über den Aufstieg in die automobile Luxusklasse währte nicht lange. Ein Ausflug auf die deutsche Autobahn mit dem Ziel, die Katze mal richtig aus dem Sack zu lassen, endete bereits kurz nach Basel mit einem kapitalen Motorschaden. Der daraufhin gefasste Entscheid, das Auto komplett von der ortsansässigen Jaguar-Vertretung durchreparieren zu lassen, kam dem sprichwörtlichen Öffnen der Büchse der Pandora gleich. Nachdem ich dieses Tal der Tränen durchwandert hatte, war ich sämtlicher Ersparnisse beraubt und stellte das Auto schlussendlich entnervt einem Fähnchenhändler auf den Kiesplatz. Mit dem erhaltenen Kleingeld und dem Schwur „NIE mehr Jaguar!“ zog ich damals von dannen.

Dieser Schwur hielt bis in die Neunzigerjahre, als ich eher zufällig bei einem Jaguarhändler in der Nähe einen schwarzen Jaguar XJR der X300-Serie erblickte, der mich, den verlorenen Sohn, anschließend wieder mit der Jaguar-Familie versöhnen sollte. Im weiteren Verlauf des Jaguar-Astes meines automobilen Stammbaums gesellte sich noch ein XK8 Cabriolet dazu, welches mir ebenfalls immer treue Dienste tat. Schließlich führten dann aber doch Praktikabilitätsüberlegungen dazu, mir wieder eine Limousine zuzulegen, was sich dann in Form des hier vorgestellten Daimlers manifestierte.

Für die Beantwortung Deiner Frage nach meinem Interesse an anderen Autos zitiere ich gerne meine bessere Hälfte: „Zum Glück hast Du kein Parkhaus!“.

Hast Du Empfehlungen für Personen, die mit dem Gedanken spielen, einen X308 als Liebhaberfahrzeug anzuschaffen?

Ich denke, man muss sich wirklich bewusst sein, dass man sich ein Liebhaberfahrzeug zulegt. Das bringt sehr viel Freude, bedingt aber auch gewisse Nehmerqualitäten, nicht zuletzt auch finanzieller Natur. Am besten macht man sich vor dem Kauf in den mannigfachen Internet-Plattformen schlau. Das ist gut investierte Zeit und bewahrt einen vor unliebsamen Überraschungen.

Ich wünsche Dir und allen Lesern dieses Blogs allzeit gute Fahrt und viel Spaß mit ihren automobilen Preziosen.

Ich denke, man muss sich wirklich bewusst sein, dass man sich ein Liebhaberfahrzeug zulegt. Das bringt sehr viel Freude, bedingt aber auch gewisse Nehmerqualitäten, nicht zuletzt auch finanzieller Natur.

Axels Rat an Interessenten nach über 10 Jahren mit seinem X308

Axel, vielen herzlichen Dank für das Interview, Deinen Erfahrungsbericht und die schönen Fotos. Dein X308 hat mich wirklich beeindruckt!