Zeit für ein Geständnis: Ich mag meinen X308 sehr – aber der Reiz eines V12 beschäftigt mich. Gefühlt haben sie schon recht, die Autoren der MotorKlassik von vor einigen Wochen, „jetzt oder nie“. Aber welchen nehmen? Ich komme nach intensivem Überlegen zu einem etwas anderen Ergebnis als die MotorKlassik, aber seht selbst…
Der Jaguar-Zwölfzylinder debütierte 1971 im E-Type, den es bis dahin nur mit einem großen Reihensechszylinder gab. Mit dem 5,3-Liter V12-Motor leistete der E-Type nun 276 PS und gewann massiv an Prestige. Entsprechend wurde der Zwölfzylinder auch vermarket.
Dieser Motor war der erste Großserien-Zwölfzylinder im Automobilbau und durchaus technologisch sehr fortschrittlich (Details zum V12 verrät ein schöner Wikipedia-Eintrag). Ein Jahr nach dem Debüt im E-Type folgte dann der Jaguar XJ12 Serie 1 als Zwölfzylinder-Limousine. Sukzessive hielt der 5,0 Liter-V12 Einzug im XJS, dem Nachfolger des E-Type im Jahre 1975, sowie im XJ12 der Serie 2. In der Daimler-Ausstattung prägte der V12 den Markennamen „Daimler Double Six“ – Understatement pur!
Es folgten eine erste Aufwertung als 5,3-Liter HE im Jahr 1981, und schließlich der Schritt zu 6 Litern Hubraum und 311 PS im XJ81 (der XJ12 auf Basis des XJ40). Dieser Motor wurde unverändert auch im X300 eingesetzt. Der X308 bedeutete dann das Ende des Zwölfzylinder, verfügte er doch über den brandneuen Achtzylinder mit Kompressor als XJR oder Daimler Super V8, der mit seinen 363 PS den vorherigen XJ12 leistungsmäßig deutlich übertraf. So toll der Achtzylinder des X308 auch ist – irgendwie schade ist es schon, dass er den Tod des Zwölfzylinders bedeutete.
Bei mir wirkt die Faszination des Zwölfzylinders aus zwei Richtungen: Zum einen ist er sozusagen die Krone der maschinenbaulichen Schöpfung – aufwendig in der Konstruktion, nahezu perfekt in der Laufruhe, und über Jahrzehnte das Optimum bei Jaguar und Ferrari, Jahrzehnte später auch bei BMW und Mercedes.
Zum anderen ist ein Zwölfzylinder akustisch einfach unvergleichlich.
Da ist das V12-typisch hochfrequente Starten des Anlassers, das deutlich hörbare Luft holen von 6 Litern Hubraum, und der zugleich großvolumige und kernige Sound beim Ausdrehen.
All das ist schwer im Video festzuhalten, aber am Beispiel dieses XJ12 der X300-Baureihe kommt es schon ganz gut rüber (auch wenn ich das Auto von dem Fahrer nicht kaufen würde):
Bleibt noch eine Frage: Welchen nehmen? Der E-Type ist kaum noch zu bezahlen. Der XJS ist attraktiv, einzigartig, aber sehr speziell. Der XJ12 von Serie 1 bis Serie 3 ist der Klassiker schlechthin. Einer sticht sie aber alle mit seinem Preis-Leistungs-Verhältnis aus:
Kein Jaguar-Zwölfzylinder bietet derzeit so viel Auto fürs Geld wie der Jaguar XJ81!
Zugegeben, die Szene ist sich noch nicht ganz einig, ob der XJ40/XJ81 wirklich in den Reigen von Serie 1 bis Serie 3 aufsteigen wird. Für mich ist dieses Fahrzeug aber bereits heute ein Klassiker.
Dieses Bild sagt für mich alles:
Den Reiz des XJ81, der 1986 den XJ12 Serie III ablöste, hat Jeremy Clarkson in Top Gear damals perfekt dargestellt. Den Ausschnitt dazu gibt es hier:
Ein weiteres sehenswertes Video zum Jaguar-V12 gibt es hier mit dem Vergleich von einem der letzten Daimler Double Six Serie III mit einem Daimler Double Six der Baureihe X300:
Der XJ81 beschäftigt mich in der Tat, er würde sich perfekt machen neben meinem Daimler V8 X308. Zeit, den Markt des XJ81 etwas genauer zu beobachten…
Und was ist Euer Lieblings-Jaguar V12?
Moin Michael,
genau diese Frage bewegte mich letztes Jahr und ich habe mich Anfang 2016 für einen X300 mit V12-Motor entschieden, also das Facelift des XJ81, den Du ins Auge gefasst hast. (Zudem habe ich zu einem Japan-Import gegriffen und dadurch ein völlig rostfreies Exemplar zu einem akzeptablen Preis erwischt.)
Mir geht es nicht unbedingt um die künftige Wertentwicklung, denn ich möchte mich einfach mit einem Auto umgeben, das mir heute Freude bereitet. Außerdem fahre ich damit nicht im Allltag, insofern spielen Verbräuche (ca. 16 Liter im Schnitt) für mich hier keine Rolle.
Da derzeit ohnehin fast alle Interessenten auf den V8 fixiert sind und der V12 zugegebenermaßen keinen „V8-Sound“ hat und mehr verbraucht, braucht es auch eine andere Motivation, dafür gibt es noch günstige Preise..
Der V12 wurde seinerzeit laut Walter Hassan entwickelt, um der „Standardmotorisierung“ V8 in den USA etwas Besseres entgegen zu setzen. Der V12 hatte bis zum Einsetzen des Downsizing-Trends ein hohes Prestige, nicht umsonst haben BMW und Mercedes (erst) Ende der 80er darauf gesetzt, als Jaguar schon dabei war, diesen Motor fallen zu lassen, bevor sie ihn im XJ81 / X300 für kurze Zeit wiederbelebten.
Der V12 ist einfach nicht nötig – und das macht ihn besonders. Man kann leistungsfähigere und sparsamere Motoren auch kleiner bauen, aber der wahre Luxus ist es, auf Effizienz nicht achten zu müssen. Für mich ist der V12 die Krone des Motorenbaus bei Jaguar. Zudem scheint mir der Motor überaus zuverlässig und bei richtiger Wartung auch haltbar zu sein.
Ich würde meinen Daimler Double Six X300 wieder kaufen, der Zeitpunkt zum Kauf eines solchen Autos ist im Hinblick auf Preis, Verfügbarkeit und (noch) Desinteresse der meisten XJ-Interessenten heute oder nie! 🙂
An einer Marktübersicht von XJ81/X300 mit V12 wäre ich übrigens auch sehr interessiert 😉
Viele Grüße,
H.G.
Hallo Micha,
ein Daimler Double Six, und dann noch als Majestic… Da gerät man ins Träumen ?
Freue mich auf Deinen Bericht im März!!!
Beste Grüße
Michael